
Flying Motion: Schwebende Mover mit sechs Freiheitsgraden
Mit XPlanar eröffnet Beckhoff neue Wege in der Anlagenkonstruktion. Möglich machen dies die über den beliebig angeordneten Planarkacheln frei schwebenden Planarmover.
Der ILC-Regelkreis bildet also gar keinen (unmittelbar) geschlossenen Regelkreis. Die Strecke wird eigentlich aus dem ILC-Buffer gesteuert, nicht geregelt. Damit kann der Regelkreis (idealerweise) auch nicht instabil werden. Diesen Punkt werden wir noch genauer betrachten müssen. Das Abspielen des Stellwertsignals aus einem Buffer (anstelle einer direkten Regelung) hat aber noch einen weiteren interessanten Aspekt: Aus Sicht der Strecke kann das Stellsignal akausal sein. Oder anders ausgedrückt, das Stellsignal kann auf Verhaltenselemente der Strecke reagieren, bevor sie aufgetreten sind. Dies ist darum möglich, weil das Sollsignal per definitionem periodisch ist und man aus den vergangenen Perioden zu jedem Zeitpunkt in prospektiver Weise weiss, wie sich die Strecke verhalten wird bzw. welche Fehler in Zukunft auftreten werden.
Was aber enthält der ILC-Buffer? Das Ziel ist, dass er eine Periode jenes Signals enthält, welches das Sollsignal ergibt, wenn es durch die Strecke geschickt wird. Wenn zu Beginn, beim Einschalten der Maschine, dieses Signal noch nicht bekannt ist, so wird der ILC-Buffer auf null initialisiert. Während der ersten Periode ist demnach der Ausgang der Strecke (das Ist-Signal), abgesehen vom Rauschen der Maschine, ebenfalls ständig null. Folglich ist das Fehlersignal gerade gleich einer Periode des Sollsignals. Das Fehlersignal wird nun dazu verwendet, den ILC-Buffer aufzudatieren. Dies ist der Learning-Aspekt des ILC. Durch das periodenweise, iterative Aufdatieren des ILC-Buffers nähert sich der Inhalt des ILC-Buffers dem gesuchten idealen Stellsignal an.
Soweit ist alles klar. Die Frage ist noch, wie der Update-Mechanismus des ILC-Buffers funktioniert. Und tatsächlich: Dieser Punkt ist die Knacknuss des ILC. Wird der ILC-Buffer in irgendeiner Weise systematisch falsch aufdatiert — so wie ein PID-Regler systematisch falsch eingestellt sein kann —, akkumulieren sich die Fehler im ILC-Buffer ständig, die Strecke verhält sich immer übler, und schliesslich sieht es so aus, als wäre der ILC-Regler instabil.
Grundsätzlich ist es aber so: Die Strecke ist kausal. Das heisst, sie reagiert auf eine Anregung (zum Beispiel auf einen Impuls) nicht vor der Anregung, sondern zum Zeitpunkt der Stimulation oder danach, also allgemein mit einer gewissen Verzögerung ∆t ≥ 0. Will man also, dass die Strecke zu einem bestimmten Zeitpunkt T eine gewisse Bewegung ausführt, so muss folglich die Anregung dafür im ILC-Buffer vorher, also zum Zeitpunkt T ∆t erfolgen. Man nutzt hier also die akausale Eigenschaft des ILC-Reglers, die wir weiter oben schon erwähnt haben. Der Parameter ∆t ist maschinenabhängig und muss separat gemessen werden. Daraus folgt, dass der ILC-Update-Mechanismus das Fehlersignal bzw. einen Bruchteil davon, um die Zeit ∆t nach vorne verschoben, zum Inhalt des ILC-Buffers addiert.
Wer in der Schule in Regelungstechnik unterrichtet wurde und später das Erlernte in der Praxis anwenden wollte oder sollte, hat vermutlich viel Frustrierendes erlebt. Die Ursache liegt darin begründet, dass die typische Schul-Regelungstechnik (bzw. die jeweils betrachtete Strecke) lineares Verhalten aufweist und gerade dies in der Praxis fast nie zutrifft. Oft ist es die Reibung, die einem das Leben schwermacht, der Wechsel von Haftreibung und Gleitreibung hin und her.
ILC-Regler scheren sich darum aber nicht. Das einzelne Update ist zwar ein linearer Vorgang. In der Summe hat der Inhalt des ILC-Buffers aber nicht zwingend einen linearen Zusammenhang mit dem Soll-Signal, und wie wir gezeigt haben, schon gar keinen kausalen. Das ist ein sehr gewichtiger Vorteil dieses Verfahrens und führt dazu, dass ILC-Regler in vielen Anwendungen Resultate erzielen, die mit einem PID-basierten Regler niemals und nicht annähernd erreichbar wären.
Abbildung 3 zeigt den Vergleich zwischen einer PID- und einer ILC-Regelung eines rotierenden Motors bei einer sinusförmigen Positionsregelung mit Reibung. Man erkennt beim PID-Regler (blau) deutlich die Phasenverschiebung und die Schultern, die in den Wendepunkten auftreten. Hier hält die Haftreibung die Motorachse fest. Während dieser Zeit integriert der I-Anteil des PID-Reglers den wachsenden Fehler, bis sich der Rotor losreisst und die Haftreibung schlagartig in die betragsmässig deutlich kleinere Gleitreibung übergeht. Wegen der plötzlich wegfallenden Last und aufgrund der gleichzeitig grossen Kraft, die der Regler nun aufbringt und die er nicht schnell genug abbauen kann, unterschwingt die Position des Rotors deutlich. Es folgt ein Einschwingvorgang mit erneutem Überschiessen, bis die blaue Kurve wieder zur Idealkurve (schwarz, phasenverschoben) zurückkehrt. Im Gegensatz dazu gelingt es dem vollständig adaptierten ILC-Regler, die Haftreibung sofort aufzubrechen, ohne dass es zu einem erkennbaren, störenden Überschwingen kommt. Dem ILC-Regler kommt zugute, dass er eben nicht mit einem langsamen Integrator arbeitet, sondern mit einer gespeicherten und optimierten Stellwert-Kurve, die jede beliebige Form annehmen kann.
stettbacher.ch Bilder: Stettbacher